WESTWERK.

WESTWERK.

Taumelflächen auf glitchigen Beats.

In der Dokumentation »Genf, das Paradies der Diktatoren« von 2018, verfolgen Journalist:innen unzählige Privatflüge von Monarchen und Dikta-toren nach Genf, wo mit Entouragen in privaten Wohnsitzen und Hotels Steuergelder in dreistelliger Millionenhöhe veruntreut werden. Mittel, die zum Beispiel die Bildungsetats ihrer verelendeten Völker um ein Zehn- bis Zwanzigfaches überschreiten.
Mit dabei sind Despoten wie der bis heute seit 1984 regierende Präsident von Kamerun, Paul Biya. Sie alle genießen die Diskretion der Schweiz.

Krimineller Exzess. Lokal existiert die musikali-
sche und künstlerische Off-Szene von Genf. Zum Kern gehört »Bongo Joe Records«. Das Label ver-
öffentlicht ungewöhnliche Gruppen, unter ihnen Massicot, Hyperculte und
Tout Bleu. Zu allen drei Bands gehört Simone Aubert. Sängerin, Schlag-
zeugerin, Gitarristin und eine der wichtigsten Protagonis:innen der Schweiz. Vor allem in ihren Texten und in ihrem Gesang ist das »leidenschaft-
liche soziale Gewissen« zu spüren. »Es gibt hier eine Notwendigkeit«, so Aubert, »dass wir mutig bleiben, während die Welt dem Untergang entgegensteuert.«

Auf »Otium«, dem zweiten Album von Tout Bleu, hat Simone Aubert ihr Solo-Projekt gemeinsam mit Produzent POL, mit Naomi Mabanda (Cello) und Luciano Turella (Viola) zu einer Vision entwickelt. Die Dinge auf »Otium« treiben musikalische Kom-
munikation an, zwischen Subkulturen. Elektro-
Folk verhandelt mit Krautrock, wird angedockt
an Postpunk, verbunden mit Minimal, bekannt gemacht mit Kammerrock, bedenkt sich mit Synthpop. Für alle und jedes servieren Tout Bleu dafür Taumelflächen auf glitchigen Beats, ver-
zerrten Schwung, enzterrten Swing. Die ganz-
blauen Songs schieben sich mit Lust durch Teile gegenteiliger Wirkung. Eine Wette auf Popmusik gegen Macht, Korruption und Lügen, bei der garantiert und versprochen bis zum Schluss problematisiert ist, ob ganzblaue Popmusik als Popmusik durchgeht.

2024

Konzert | Mittwoch | 26. Juni 2024 | 20 Uhr

Tout Bleu

Geht diese Popmusik als Popmusik durch?