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Die Ausstellung »Tatsachen schaffen« dokumentiert in einem Videosample ausgewählte Entwürfe und die realisierten Arbeiten, die Andrea Knobloch und Ute Vorkoeper von 2017
bis 2022 unter dem Label missing icons für öffentliche Räume
und Architekturen entwickelt haben. Darüber hinaus zeigt sie Modelle, Materialproben, Materialstudien, Materialskizzen
und Texte, die einen Einblick in das bildnerische Denken und
die Arbeitsprozesse der Künstlerinnen geben.
Tatsachen sind durch Handlung, durch Tun hervorgebrachte Sachverhalte. Der Infinitivsatz »Tatsachen schaffen« ist Auf-forderung und Möglichkeitsraum zugleich: Tatsachen wollen, sollen oder können geschaffen werden. Das Subjekt der Hand-lung ist nicht genannt, das heißt es bleibt offen, wer genau handelt. In diesem Sinn lässt sich der Kurzsatz für den per-formativen künstlerischen Prozess von missing icons lesen:
Im Dialog mit spezifischen Orten entstehen in offenen Werk-prozessen greifbare Sachverhalte. In eine gegebene, zuvor meist neu gebaute, geordnete oder aufgeräumte Wirklichkeit tritt oder trifft etwas Unvorhergesehenes, in jedem Fall etwas, das dort so auf keinen Fall vorgesehen war. Die reale Situation bildet dabei das Material, bzw. den konkreten Untergrund, der bildnerisch bearbeitet, aufgebrochen, umgebildet oder durch etwas Un-bestimmtes unterbrochen wird. Die entstehenden missing icons sind Ereignisreliefs, die nichts anderes zeigen als sich selbst, bzw. sich selbst als auf besondere Weise hergestellte Wirklich-keiten. Sie können sinnbildhaft rückwärts gelesen werden und treffen – wenn sie gelingen – die Orte, an denen sie erscheinen, in ihren historischen, sozialen oder politischen Ambivalenzen.
Die bildhauerischen Realisierungsprozesse von missing icons sind Belastungsproben für alle Beteiligten, da sie für die Künstlerinnen und für die betroffenen Nutzer*innen arbeits- und zeitintensive Herausforderungen darstellen. Sie sind hinderlich, willkürlich und bleiben grundsätzlich fraglich.
Die Reaktionen schwanken zwischen irritierter Faszination, begeisterter Zustimmung und aggressiver Ablehnung.
Mit jeder Arbeit gehen die Künstlerinnen das Risiko des Scheiterns ein – und ihre Auftraggeber:innen tragen dieses Wagnis mit. Denn die Projekte werden ausschließlich modell-haft für die besondere Situation entworfen. Die eigentliche Form ereignet und entwickelt sich sukzessive in der Planung und schließlich während der bildhauerischen Realisation
vor Ort. Im Wechsel zwischen bildnerischer Handlung, Abstandnahme, Begutachtung und weiterer bildnerischer Behandlung wird so lange gearbeitet, bis ein Zustand erreicht ist, der die Wirklichkeit des Ortes auf Dauer signifikant zu unterbrechen vermag.
»Untiefen«, Berlin, 2022, Detailansicht
Stigma, Hamburg, 2021/2022