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»Dir kann alles scheißegal sein, nicht aber
der Kitsch – dessen SS-hafte Sentimentalität ist die Fähigkeit zur absoluten Kooption – noch das Undenkbare. Sobald ein Begriff etwas darüber versucht, wird daraus industrieller und politischer Profit.«
| Jan Vogeler
In Zeiten wie diesen tauchen Vorstellungen von einer Apo-kalypse wieder und wieder auf. Die Wahrnehmung unserer Gegenwart ist durch mehrere Krisen zugleich geprägt.
Pandemie, Klimawandel, Krieg, wirtschaftliche und politische Zusammenbrüche und ihre Folgen beeinflussen unser
Dasein massiv.
Leonid Kharlamov will die Gelegenheit nutzen, einen geschichtlichen wie auch kulturellen Blick zurückzuwerfen.
Er will verstehen, wo die Ursprünge der Vorstellung einer Apokalypse liegen und wie die Menschen darin die Erkenntnis, dass alles endlich ist, verarbeiten und in eine Inspirations-quelle für sich umgewandelt haben? Schon die Etymologie
des Wortes Apokalypse verweist uns auf eine solche Aufgabe. Altgriechisch άποκάλυψις, apokalypsis, bedeutet wörtlich: Enthüllung.
Durch die Zeit ziehen sich unterschiedliche Erzählungen bzw. Enthüllungen vom »Ende der Welt«, beginnend in der frühen Antike und bis in die heutige Kulturindustrie reichend, sind sie stets Elemente der Populärkultur. Es gehört zum Selbstverständnis eines jeden Individuums, das eigene Ende begreifen zu wollen. Und für eine Gesellschaft ist diese Fragestellung in einem viel weiteren Maße gültig.
Leonid Kharlamov interessiert, auf was ein solcher Unter-gang im sozialen Kontext hindeutet und was er bedeutet.
Und wie wird er künstlerisch dargestellt, wie wird er enthüllt? In Zeiten der politischen und religiösen Umwälzungen ist
das Interesse an apokalyptischen Themen stets groß, die Erwartung eines Weltgerichts, des Weltendes, eines jüngsten Tags, eines jüngsten Gerichts drücken sich vielgestaltig aus.
Leonid Kharlamov verwendet als Orientierung die 14 Holzdrucke aus Albrecht Dürers »Die heimlich offenbarung iohannis«, lateinisch »Apocalipsis cum figuris«. Geplant
sind dementsprechend 14 großformatige Malereien. Sie werden einerseits durch Dürers grafische Arbeiten inspiriert, andererseits zeitgenössisch gemalt sein, sodass die Ver-bindungen zwischen unserer Epoche und der Renaissance sichtbar werden – ein analytischer wie emotionaler Blickwinkel.
Ausgestellt werden die Malereien als Installation, gemeinsam mit einer klanglichen Illustration. Diese wird
aus einem Radiosender bestehen, der uns Tag und Nacht
mit Diskussionen über das Geschehen, über Utopien, das Fassungslose beschallen wird. Unterbrochen wird dieser Strom des Kriegs der Informationen nur durch gelegentliche Performances verschiedener Künstler und Künstlerinnen und geheime nächtliche Kinovorstellungen im Dunkel der Bar.
Die Ausstellung soll ein Ort der direkten, unvermittelten Kommunikation werden, vergleichbar mit eine Kirche, einer »Kirche der Unterschiedlichkeit«, in der ein Zwischenspiel des Sakralen und Sozialen passiert. Eine Dokumentation und ein Katalog zur Ausstellung sind in Arbeit.
Leonid Kharlamov (* 1981 in der UdSSR) lebt und arbeitet
als freier Künstler in Hamburg. 1995 emigrierte er nach Deutschland, studierte an der Muthesius Kunsthochschule Kiel und der HfBK Hamburg. Diverse Ausstellungen in Deutschland, Frankreich, Finnland, China und Russland.