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Musik und Fotografie sind in John Eckhardts Schaffen auf vielfältige Weise miteinander verknüpft. Als »Instant Compositions« suchen beide das Spiel mit der Schärfentiefe der eigenen Wahrnehmung wie auch derjenigen des Hörers/Betrachters. Besonders das jahrelange Fotografieren im Wald seiner schwedischen Familie, aus dem sämtliche Bilder dieses Projekts stammen, hat seine Herangehensweise geprägt. Dort ist für ihn der Moment des Auslösens der Kamera immer wieder ein musikalischer Vorgang, bei dem Beobachtung und Aktion einen intensiven Dialog eingehen.
Nach einer Reihe von Musik-Veröffentlichungen in besonderen Editionen quasi-skulpturaler Unikate, bei denen die Fotografie eine immer größere Rolle spielte, zeigt John Eckhardts Ausstellung BASS/WALD im Westwerk erstmals schwerpunktmäßig seine Bilder. Denn in ihnen hat der zunächst aus der Musik mitgebrachte Wunsch, Flüchtigkeit und Spontaneität mit Komposition und Beständigkeit zu etwas Neuem zu kombinieren, mittlerweile ein Eigenleben entwickelt.
Die großformatigen Bilder werden im Dialog mit John Eckhardts musikalischer Arbeit präsentiert: klingenden Gehölzen, die als Klanginstallation im Raum zu hören sein werden. Neben einer Kontrabass-Performance zur Vernissage wird am letzten Samstag der Ausstellung sein Kontrabass-Solo »Xylobiont« (dt. mit / vom / am Holz lebend) zu hören sein, ein work-in-progress, das er seit 2008 in mittlerweile rund 50 Konzerten rund um den Globus aufgeführt hat.
JOHN ECKHARDT über seine Arbeit »BASS/WALD«:
»Zeit meines Lebens hatte ich eine besondere Beziehung
zum Wald – vor allem zu Staksund, dem abgeschiedenen Waldgrundstück meiner schwedischen Familie väterlicher-seits, das tief in den hügeligen, seenreichen Wäldern der Provinz Västmanland liegt. Mehrmals im Jahr mache ich mich auf die Reise, um einige Wochen in dieser Gegend 900 km nördlich von Hamburg zu verbringen. Die Bilder dieses Projekts sind ausnahmslos hier entstanden – oft an Plätzen, die ich immer wieder zu unterschiedlichen Jahres- und Tageszeiten aufgesucht und intensiv beobachtet habe.
Die Bewegung in diesem Naturraum erscheint mir immer wieder wie ein Bad in der Unendlichkeit, was ja gerade bei naturwissenschaftlicher Betrachtung auch der Fall ist. Seit meinen Anfängen als angehender Musiker (Improvisator, Interpret, Komponist) verspüre ich hier eine zunehmende synästhetische Verbindung zum Wald: zur eigenartigen Vielfalt von Formen, Farben und Texturen, zu Mustern und Proportionen, zu Stimmungen und Atmosphären. Vieles, was ich wahrnehme, scheint für mich auch Klang zu sein und bildet musikalische Gestalten, Rhythmen, Prozesse und Kompositionen.
Der Aspekt der »visuellen Partitur« und der direkten Entsprechung zwischen Klang und Bild bleibt hierbei eher
im Hintergrund. Im Vordergrund steht der Moment des Auslösens, der »Instant Composition«. Wie unter einem Vergrößerungsglas lässt sich in diesem Moment der in der Musik entwickelte Wunsch verwirklichen, Flüchtigkeit und Spontaneität mit Komposition und Beständigkeit zu etwas Neuem zu kombinieren.
Im Wald stellen selbst kleinste Anpassungen der Schärfentiefe der eigenen Wahrnehmung neue Situationen und Zusammenhänge her, und dies gilt auch für Aspekte meiner musikalischen Arbeit. Etwa im rund einstündigen Kontrabass-Solo »Xylobiont« (dt. mit/vom/am Holz lebend) versuche ich, solche Situationen herzustellen. In der Ver-bindung von menschlicher Wahrnehmung und prozesshafter Natur wird letztere zum Schauplatz der Entwicklung eines archetypischen musikalischen Setups, das ständig aus einfachen Bedingungen feinste Variationen generiert.
Der Wald ist von einer besonderen, in jedem Augenblick neu entstehenden Schönheit, die immer nur als Moment-aufnahme von Prozessen unterschiedlicher Größe und Geschwindigkeit sicht- und spürbar wird. Auch dieses Phänomen beschäftigt mich in der Musik: eine Welt jenseits der Dichotomie Komposition/Improvisation, geprägt von Selbstähnlichkeit, Wiederholung und minimaler Variation«.
Biografisches zu JOHN ECKHARDT (*1974 in Lich):
Als Kontrabassist, in vielfältigen eigenen Projekten, bei seiner Arbeit mit Sound Systems am E-Bass oder als DJ – John Eckhardt ist laufend in die Musik von heute involviert. Er hat eine Reihe von Soloprojekten entwickelt und mit diversen Künstlern zusammengearbeitet: von Komponisten wie Helmut Lachenmann und Pierre Boulez, über herausragende Gruppen wie Ensemble Modern und Klangforum Wien, mit Impro-visatoren wie Evan Parker, Elliott Sharp und Peter Evans, bis zur jüngsten Generation von Nachwuchskünstler*innen in einem weiten Feld aktueller Musik.
Er hat an über 30 Einspielungen mitgewirkt und drei in besonderen Editionen erschienene Solo-Releases veröffent-licht, die ein starkes Interesse an tieffrequenter und spektraler Immersion, räumlicher Tiefe und evolutionsartigen Prozessen gemeinsam haben, und in denen seine Leidenschaft für die Fotografie eine immer gewichtigere Rolle spielt. Angetrieben von Neugier und Begeisterung für unterschiedlichste Arten
von Musik, Kulturen und künstlerischen Herangehensweisen, stellt John Eckhardt immer neue Verbindungen her. Den letzten Neuzugang stellt dabei sein von Podcasts begleitetes DJ-Projekt »Basswald« dar. Er lebt in Hörweite des Hamburger Hafens.